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Um 1780 wurde der Text
zum ersten Mal auf Flugblättern veröffentlicht. Im Zeitraum zwischen 1810 und
1820 entstand die Melodie dazu, und das Lied wurde in der Sammlung Lieder der Brienzer Mädchen in Bern gedruckt. Im Jahr 1842 wurde das Lied in Schlesische Volkslieder von Hoffmann von Fallersleben und Ernst
Richterveröffentlicht,[1] diese letzte Version stammt von Hoffmann von
Fallersleben. Die grundlegende Philosophie ist bereits aus der Antike bekannt.[2] Das Kernmotiv des späteren Liedtextes findet
sich schon im 13. Jahrhundert.
Überlieferte
Versionen
1. Die
Gedanken sind frei
wer kann sie erraten? Sie fliehen vorbei wie nächtliche Schatten. Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen es bleibet dabei: die Gedanken sind frei. 2. Ich denke, was ich will und was mich beglücket, doch alles in der Still’ und wie es sich schicket. Mein Wunsch und Begehren kann niemand verwehren, es bleibet dabei: die Gedanken sind frei. 3. Ich liebe den Wein, mein Mädchen vor allen, sie tut mir allein am besten gefallen. Ich bin nicht alleine bei meinem Glas Weine, mein Mädchen dabei: die Gedanken sind frei. 4. Und sperrt man mich ein im finsteren Kerker, das alles sind rein vergebliche Werke: denn meine Gedanken zerreißen die Schranken und Mauern entzwei: die Gedanken sind frei. 5. Drum will ich auf immer den Sorgen entsagen und will mich auch nimmer mit Grillen mehr plagen. Man kann ja im Herzen stets lachen und scherzen und denken dabei: die Gedanken sind frei. |
1. Beleget
den Fuß
Mit Banden und mit Ketten Daß von Verdruß Er sich kann nicht retten, So wirken die Sinnen, Die dennoch durchdringen. Es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei. 2. Die Gedanken sind frei Wer kann sie erraten? Sie fliehen vorbei Wie nächtliche Schatten; Kein Mensch kann sie wissen, Kein Kerker verschließen Wer weiß, was es sei? Die Gedanken sind frei. 3. Ich werde gewiß Mich niemals beschweren, Will man mir bald dies, Bald jenes verwehren; Ich kann ja im Herzen Stets lachen und scherzen; Es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei 4. Ich denk was ich will und was mich erquicket, Und das in der Still Und wenn es sich schicket; Mein Wunsch und Begehren Kann Niemand mir wehren; Wer weiß was es sei? Die Gedanken sind frei. 5. Wird gleich dem Gesicht Das Sehen versaget, So werd ich doch nicht Von Sorgen geplaget. Ich kann ja gedenken, Was soll ich mich kränken? Es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei. 6. Ja fesselt man mich Im finsteren Kerker, So sind doch das nur Vergebliche Werke. Denn meine Gedanken Zerreißen die Schranken Und Mauern entzwei: Die Gedanken sind frei. |
1. Die
Gedanken sind frei
Wer kann sie erraten? Sie rauschen vorbei Wie nächtliche Schatten. Kein Mensch kann sie wissen, Kein Jäger sie schießen. Es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei! 2. Ich denke was ich will Und was mich beglücket, Doch alles in der Still Und wie es sich schicket. Mein Wunsch und Begehren Kann niemand verwehren. Es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei! 3. Und sperrt man mich ein Im finsteren Kerker, Das alles sind rein Vergebliche Werke; Denn meine Gedanken Zerreißen die Schranken Und Mauern entzwei: Die Gedanken sind frei. 4. Nun will ich auf immer Den Sorgen entsagen, Und will mich auch nimmer Mit Grillen mehr plagen. Man kann ja im Herzen Stets lachen und scherzen Und denken dabei: Die Gedanken sind frei. 5. Ich liebe den Wein, Mein Mädchen vor allen, Die tut mir allein Am besten gefallen. Ich sitz nicht alleine Bei einem Glas Weine, Mein Mädchen dabei: Die Gedanken sind frei. |
(Das Wort „Grillen“ in der fünften Strophe ist eine
alte Bezeichnung für trübe Gedanken.)
Unter dem
Titel „Lied des Verfolgten im Turm“ (Nach Schweizerliedern) fand
das Lied auch Aufnahme in den dritten Teil der 1806/08 von Achim von Arnim und Clemens Brentano herausgegebenen Volksliedsammlung Des Knaben
Wunderhorn.[9] Der Text wurde in dieser Fassung zu einem Zwiegespräch zwischen
dem Gefangenen und einem Mädchen ausgeweitet, indem zwischen die ursprünglichen
vier Strophen des Gefangenen jeweils eine weitere in anderem Versschema
eingeschoben wurde.
Der Gefangene
Die Gedanken sind frei Wer kann sie erraten? Sie rauschen vorbei Wie nächtliche Schatten. Kein Mensch kann sie wissen, Kein Jäger sie schießen; Es bleibet dabei, Die Gedanken sind frei. Das Mädchen Im Sommer ist gut lustig sein Auf hohen wilden Heiden, Dort findet man grün Plätzelein, Mein herzverliebtes Schätzelein, Von dir mag ich nicht scheiden. |
Der
Gefangene
Und sperrt man mich ein Im finsteren Kerker, Dies alles sind nur Vergebliche Werke. Denn meine Gedanken Zerreißen die Schranken Und Mauern entzwei, Die Gedanken sind frei. Das Mädchen Im Sommer ist gut lustig sein Auf hohen wilden Bergen Man ist da ewig ganz allein, Man hört da gar kein Kindergeschrei, Die Luft mag einem da werden. |
Der
Gefangene
So sei es, wie es will Und wenn es sich schicket, Nur alles in der Still; Und was mich erquicket, Mein Wunsch und Begehren Niemand kann’s mir wehren; Es bleibet dabei, Die Gedanken sind frei. Das Mädchen Mein Schatz, du singst so frühlich hier Wie’s Vögelein in dem Grase; Ich steh so traurig bei Kerkertür, Wär ich doch tot, wär ich bei dir, Ach, muß ich denn immer klagen. |
Der
Gefangene
Und weil du so klagst Der Lieb ich entsage Und ist es gewagt, So kann mich nicht plagen, So kann ich im Herzen Stets lachen, bald scherzen; Es bleibet dabei, Die Gedanken sind frei. |
Diese Textfassung diente auch Gustav Mahler als Grundlage seiner 1898 entstandenen völligen Neuvertonung, die
in seine Sammlung von Liedern aus Des Knaben Wunderhorn aufgenommen wurde.
Das
Freiheitslied "Die Gedanken sind frei" ist ein politisches Lied. Sein
Ursprung geht auf das Ende des 18. Jahrhunderts zurück, also auf die Zeit der
Unterdrückung durch absolutistische Herrscher, von denen es innerhalb des
Deutschen Bundes viele gab. Im Gefolge der Französischen Revolution wuchs daher
auch in den zersplitterten deutschsprachigen Gebieten – ein
"Deutschland" gab es noch nicht – der Wunsch nach physischer,
geistiger und politischer Freiheit bei staatlicher Einheit.
So entstand in
diesem historisch-politischen Klima z. B. Schillers Drama "Don
Carlos" (Don Karlos) aus den Jahren 1787/88 mit der berühmten Forderung
des Marquis von Posa an König Philipp II, sich diesem zu Füßen werfend:
"Gehn Sie Europens Königen voran. Ein Federzug von dieser Hand, und neu
erschaffen wird die Erde. Geben Sie Gedankenfreiheit." (III, 10). Auch
Schillers spätes Drama "Wilhelm Tell" (1804) ist Ausdruck dieses
starken Willens nach Freiheit und Einheit ("Wir wollen sein ein einzig
Volk von Brüdern, | In keiner Not uns trennen und Gefahr. | – Wir wollen frei
sein, wie die Väter waren, | Eher den Tod, als in der Knechtschaft leben."
II, 2).
Begleitet von
dem Bestreben weiter Teile der deutschen Akademikerschaft, v. a. der
Burschenschaften, nach einem einheitlichen deutschen Nationalstaat, erreichte
der Freiheitsdrang in den Jahren des sog. Vormärz und der Revolution von 1848
einen vorläufigen Höhepunkt. In dieser Zeit wurde die Grundeinstellung des
späteren Germanistik-Professors Heinrich Hoffmann von Fallersleben ganz
entscheidend geprägt. Selber in Preußen erheblich von politischen Repressionen
betroffen, nahm sich Hoffmann von Fallersleben auch des Volksliedes "Die
Gedanken sind frei" an. Die heute verbreitetste Textfassung entstammt
seiner Bearbeitung.
Wie häufig bei
Volksliedern gibt es auch von diesem Text Varianten. Aus studentischen
Kommersbüchern stammt eine wesentlich später verfasste ausgesprochen
dümmlich-naive fünfte Strophe, die dem Freiheitscharakter
dieses Liedes ganz und gar nicht angemessen ist. Doch auch Inhalt und Sprache
der so ganz unpolitischen und gar nicht trotzig-kämpferischen oben
wiedergegebenen vierten Strophe legen die Vermutung nahe, dass
sie ebenfalls nachträglich (1841 von dem romantisierenden Burschenschafter
Hoffmann v. F.?) zu den drei anderen Strophen hinzugefügt wurde.
In die gleiche
historische Kategorie von politischen Liedern gehört das – aus Unkenntnis der
geschichlichen Zusammenhänge heute vielfach völlig missverstandene – "Lied
der Deutschen", welches Hoffmann von Fallersleben 1841 im englischen Exil
auf der Insel Helgoland schuf. Es sollte ebenfalls die große Sehnsucht der
damaligen Jugend nach Freiheit und Einheit ausdrücken und bedeutete keineswegs
den Ruf nach einer Vormachtstellung Deutschlands in Europa oder der Welt.
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