Samstag, 14. Februar 2015

Die Gedanken sind frei - politisches Lied

Gedanken sind frei  Volkslied  post http://wp.me/p2Xkzn-50
Um 1780 wurde der Text zum ersten Mal auf Flugblättern veröffentlicht. Im Zeitraum zwischen 1810 und 1820 entstand die Melodie dazu, und das Lied wurde in der Sammlung Lieder der Brienzer Mädchen in Bern gedruckt. Im Jahr 1842 wurde das Lied in Schlesische Volkslieder von Hoffmann von Fallersleben und Ernst Richterveröffentlicht,[1] diese letzte Version stammt von Hoffmann von Fallersleben. Die grundlegende Philosophie ist bereits aus der Antike bekannt.[2] Das Kernmotiv des späteren Liedtextes findet sich schon im 13. Jahrhundert.
Überlieferte Versionen
Heute verbreitete Fassung [5]
Fassung um 1800 [6]
Fassung vor 1865 [7]
1. Die Gedanken sind frei
wer kann sie erraten?
Sie fliehen vorbei
wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen,
kein Jäger erschießen
es bleibet dabei:
die Gedanken sind frei.

2. Ich denke, was ich will
und was mich beglücket,
doch alles in der Still’
und wie es sich schicket.
Mein Wunsch und Begehren
kann niemand verwehren,
es bleibet dabei:
die Gedanken sind frei.

3. Ich liebe den Wein,
mein Mädchen vor allen,
sie tut mir allein
am besten gefallen.
Ich bin nicht alleine
bei meinem Glas Weine,
mein Mädchen dabei:
die Gedanken sind frei.

4. Und sperrt man mich ein
im finsteren Kerker,
das alles sind rein
vergebliche Werke:
denn meine Gedanken
zerreißen die Schranken
und Mauern entzwei:
die Gedanken sind frei.

5. Drum will ich auf immer
den Sorgen entsagen
und will mich auch nimmer
mit Grillen mehr plagen.
Man kann ja im Herzen
stets lachen und scherzen
und denken dabei:
die Gedanken sind frei.
1. Beleget den Fuß
Mit Banden und mit Ketten
Daß von Verdruß
Er sich kann nicht retten,
So wirken die Sinnen,
Die dennoch durchdringen.
Es bleibet dabei:
Die Gedanken sind frei.

2. Die Gedanken sind frei
Wer kann sie erraten?
Sie fliehen vorbei
Wie nächtliche Schatten;
Kein Mensch kann sie wissen,
Kein Kerker verschließen
Wer weiß, was es sei?
Die Gedanken sind frei.

3. Ich werde gewiß
Mich niemals beschweren,
Will man mir bald dies,
Bald jenes verwehren;
Ich kann ja im Herzen
Stets lachen und scherzen;
Es bleibet dabei:
Die Gedanken sind frei

4. Ich denk was ich will
und was mich erquicket,
Und das in der Still
Und wenn es sich schicket;
Mein Wunsch und Begehren
Kann Niemand mir wehren;
Wer weiß was es sei?
Die Gedanken sind frei.

5. Wird gleich dem Gesicht
Das Sehen versaget,
So werd ich doch nicht
Von Sorgen geplaget.
Ich kann ja gedenken,
Was soll ich mich kränken?
Es bleibet dabei:
Die Gedanken sind frei.

6. Ja fesselt man mich
Im finsteren Kerker,
So sind doch das nur
Vergebliche Werke.
Denn meine Gedanken
Zerreißen die Schranken
Und Mauern entzwei:
Die Gedanken sind frei.
1. Die Gedanken sind frei
Wer kann sie erraten?
Sie rauschen vorbei
Wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen,
Kein Jäger sie schießen.
Es bleibet dabei:
Die Gedanken sind frei!

2. Ich denke was ich will
Und was mich beglücket,
Doch alles in der Still
Und wie es sich schicket.
Mein Wunsch und Begehren
Kann niemand verwehren.
Es bleibet dabei:
Die Gedanken sind frei!

3. Und sperrt man mich ein
Im finsteren Kerker,
Das alles sind rein
Vergebliche Werke;
Denn meine Gedanken
Zerreißen die Schranken
Und Mauern entzwei:
Die Gedanken sind frei.

4. Nun will ich auf immer
Den Sorgen entsagen,
Und will mich auch nimmer
Mit Grillen mehr plagen.
Man kann ja im Herzen
Stets lachen und scherzen
Und denken dabei:
Die Gedanken sind frei.

5. Ich liebe den Wein,
Mein Mädchen vor allen,
Die tut mir allein
Am besten gefallen.
Ich sitz nicht alleine
Bei einem Glas Weine,
Mein Mädchen dabei:
Die Gedanken sind frei.
(Das Wort „Grillen“ in der fünften Strophe ist eine alte Bezeichnung für trübe Gedanken.)
Unter dem Titel „Lied des Verfolgten im Turm“ (Nach Schweizerliedern) fand das Lied auch Aufnahme in den dritten Teil der 1806/08 von Achim von Arnim und Clemens Brentano herausgegebenen Volksliedsammlung Des Knaben Wunderhorn.[9] Der Text wurde in dieser Fassung zu einem Zwiegespräch zwischen dem Gefangenen und einem Mädchen ausgeweitet, indem zwischen die ursprünglichen vier Strophen des Gefangenen jeweils eine weitere in anderem Versschema eingeschoben wurde.
Der Gefangene

Die Gedanken sind frei
Wer kann sie erraten?
Sie rauschen vorbei
Wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen,
Kein Jäger sie schießen;
Es bleibet dabei,
Die Gedanken sind frei.

Das Mädchen

Im Sommer ist gut lustig sein
Auf hohen wilden Heiden,
Dort findet man grün Plätzelein,
Mein herzverliebtes Schätzelein,
Von dir mag ich nicht scheiden.
Der Gefangene

Und sperrt man mich ein
Im finsteren Kerker,
Dies alles sind nur
Vergebliche Werke.
Denn meine Gedanken
Zerreißen die Schranken
Und Mauern entzwei,
Die Gedanken sind frei.

Das Mädchen

Im Sommer ist gut lustig sein
Auf hohen wilden Bergen
Man ist da ewig ganz allein,
Man hört da gar kein Kindergeschrei,
Die Luft mag einem da werden.
Der Gefangene

So sei es, wie es will
Und wenn es sich schicket,
Nur alles in der Still;
Und was mich erquicket,
Mein Wunsch und Begehren
Niemand kann’s mir wehren;
Es bleibet dabei,
Die Gedanken sind frei.

Das Mädchen

Mein Schatz, du singst so frühlich hier
Wie’s Vögelein in dem Grase;
Ich steh so traurig bei Kerkertür,
Wär ich doch tot, wär ich bei dir,
Ach, muß ich denn immer klagen.
Der Gefangene

Und weil du so klagst
Der Lieb ich entsage
Und ist es gewagt,
So kann mich nicht plagen,
So kann ich im Herzen
Stets lachen, bald scherzen;
Es bleibet dabei,
Die Gedanken sind frei.
Diese Textfassung diente auch Gustav Mahler als Grundlage seiner 1898 entstandenen völligen Neuvertonung, die in seine Sammlung von Liedern aus Des Knaben Wunderhorn aufgenommen wurde.

Das Freiheitslied "Die Gedanken sind frei" ist ein politisches Lied. Sein Ursprung geht auf das Ende des 18. Jahrhunderts zurück, also auf die Zeit der Unterdrückung durch absolutistische Herrscher, von denen es innerhalb des Deutschen Bundes viele gab. Im Gefolge der Französischen Revolution wuchs daher auch in den zersplitterten deutschsprachigen Gebieten – ein "Deutschland" gab es noch nicht – der Wunsch nach physischer, geistiger und politischer Freiheit bei staatlicher Einheit.
So entstand in diesem historisch-politischen Klima z. B. Schillers Drama "Don Carlos" (Don Karlos) aus den Jahren 1787/88 mit der berühmten Forderung des Marquis von Posa an König Philipp II, sich diesem zu Füßen werfend: "Gehn Sie Europens Königen voran. Ein Federzug von dieser Hand, und neu erschaffen wird die Erde. Geben Sie Gedankenfreiheit." (III, 10). Auch Schillers spätes Drama "Wilhelm Tell" (1804) ist Ausdruck dieses starken Willens nach Freiheit und Einheit ("Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, | In keiner Not uns trennen und Gefahr. | – Wir wollen frei sein, wie die Väter waren, | Eher den Tod, als in der Knechtschaft leben." II, 2).
Begleitet von dem Bestreben weiter Teile der deutschen Akademikerschaft, v. a. der Burschenschaften, nach einem einheitlichen deutschen Nationalstaat, erreichte der Freiheitsdrang in den Jahren des sog. Vormärz und der Revolution von 1848 einen vorläufigen Höhepunkt. In dieser Zeit wurde die Grundeinstellung des späteren Germanistik-Professors Heinrich Hoffmann von Fallersleben ganz entscheidend geprägt. Selber in Preußen erheblich von politischen Repressionen betroffen, nahm sich Hoffmann von Fallersleben auch des Volksliedes "Die Gedanken sind frei" an. Die heute verbreitetste Textfassung entstammt seiner Bearbeitung.
Wie häufig bei Volksliedern gibt es auch von diesem Text Varianten. Aus studentischen Kommersbüchern stammt eine wesentlich später verfasste ausgesprochen dümmlich-naive fünfte Strophe, die dem Freiheitscharakter dieses Liedes ganz und gar nicht angemessen ist. Doch auch Inhalt und Sprache der so ganz unpolitischen und gar nicht trotzig-kämpferischen oben wiedergegebenen vierten Strophe legen die Vermutung nahe, dass sie ebenfalls nachträglich (1841 von dem romantisierenden Burschenschafter Hoffmann v. F.?) zu den drei anderen Strophen hinzugefügt wurde.
In die gleiche historische Kategorie von politischen Liedern gehört das – aus Unkenntnis der geschichlichen Zusammenhänge heute vielfach völlig missverstandene – "Lied der Deutschen", welches Hoffmann von Fallersleben 1841 im englischen Exil auf der Insel Helgoland schuf. Es sollte ebenfalls die große Sehnsucht der damaligen Jugend nach Freiheit und Einheit ausdrücken und bedeutete keineswegs den Ruf nach einer Vormachtstellung Deutschlands in Europa oder der Welt.



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