Montag, 4. September 2017

Lectura 34 - Wahlsystem in Deutschland (2)



Nach welchem Prinzip wird der Bundestag gewählt?

Der deutsche Bundestag wird nach dem Prinzip der "personalisierten Verhältniswahl" gewählt.
Jede Wählerin und jeder Wähler hat dabei zwei Stimmen:
Erststimme: 
Mit der Erststimme bestimmen Wähler/-innen, welcher Direktkandidat einen bestimmten Wahlkreis im Bundestag vertritt – einfacher gesagt, wer für sie nach Berlin geht. Dabei gilt das Prinzip: Wer die meisten Erststimmen in einem der 299 Wahlkreise erhalten hat, zieht in den Bundestag ein (relative Mehrheitswahl).
Zweitstimme: 
Ihre Zweitstimme geben Wähler/-innen für die Landesliste einer Partei ab. Wenn beispielsweise Partei A bundesweit 20 Prozent der Zweitstimmen erhalten hat, stehen ihr 20 Prozent der Sitze im Bundestag zu.
Momentan besteht der Bundestag aus (mindestens) 598 Abgeordneten. Davon werden 299 direkt in den Wahlkreisen gewählt. Die übrigen 299 werden über die Landeslisten der Parteien gewählt. Entscheidend für die Zusammensetzung des Bundestages sind jedoch die Zweitstimmen-Anteile der einzelnen Parteien.



Was ist wichtiger: die Erst- oder die Zweitstimme?
Die Zweitstimme entscheidet über die Zusammensetzung des Bundestages. Falls eine Partei 20 Prozent der Zweitstimmen erhalten hat, stehen ihr 20 Prozent der Parlamentssitze zu. Der Anteil einer Partei im Parlament ist also unabhängig von der Zahl der Erststimmen.Rechnerisch ist die Zweitstimme daher wichtiger als die Erststimme. 
Doch auch die Erststimme hat eine wichtige Funktion: Sie soll dafür sorgen, dass es eine engere Verbindung zwischen den Wähler/-innen eines bestimmten Wahlkreises und "ihrem" Bundestagsabgeordneten in Berlin gibt. Wenn der Bundestag gerade nicht tagt, sind Bundestagsabgeordnete häufig in ihrem Wahlkreis unterwegs und beschäftigen sich mit den Problemen vor Ort. Dadurch sollen die Abgeordneten in Berlin die Verbindung zu den Wähler/-innen nicht verlieren.

Was sind Überhangmandate?

Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei A bei den Bundestagswahlen in einem Bundesland viele Direktmandate durch Erststimmen gewinnt, ihr nach dem Zweitstimmenergebnis aber weniger Sitze zustehen.
Jeder siegreiche Wahlkreiskandidat darf aber in den Bundestag einziehen. Dadurch entstehen Überhangmandate. Sie dienen dazu, dass jede gewählte Person sicher einen Sitz bekommt. Überhangmandate können in Wahlsystemen auftreten, die auf einer durch Direktwahl in Wahlkreisen personalisierten Verhältniswahl beruhen. Wenn in einem solchen Wahlsystem eine Partei in den Wahlkreisen mehr Mandate erringt, als ihr gemäß dem Ergebnis der Verhältniswahl zustehen würden, erhält diese Partei so viele Überhangmandate wie sie Direktmandate mehr hat, als ihr Sitze nach der Verhältniswahl eigentlich zustehen.
Im Bundestagswahlrecht in Deutschland bedeutet das: Überhangmandate werden vergeben, wenn eine Partei mehr Direktmandate durch Erststimmen in einem Bundesland erringt, als ihr gemäß dem Zweitstimmenergebnis in diesem Bundesland zustehen würden.
 Das Zweitstimmenergebnis bildet  die Zusammensetzung des Bundestages ab. Wenn eine Partei bundesweit 20 Prozent der Zweitstimmen erhält, dann stehen ihr auch 20 Prozent der Sitze im Bundestag zu.

Was bedeutet die Fünf-Prozent-Klausel ("Sperrklausel")?

Die Fünf-Prozent-Klausel bedeutet, dass nur Parteien in den Bundestag einziehen, die bundesweit mindestens fünf Prozent aller Zweitstimmen erhalten haben. Das Ziel der Regelung ist es, dassnicht allzu viele kleine Parteien in den Bundestag einziehen. Das würde die Bildung einer Regierungskoalition erschweren.
Kritisiert wird die Fünf-Prozent-Klausel (oder Sperrklausel), weil die Stimmen, die für kleinere Parteien abgegeben werden, dadurch nicht gezählt werden. Bei der Bundestagswahl 2013 wählten zum Beispiel rund 2,1 Millionen Wähler/-innen mit ihrer Zweitstimme die FDP (4,8 Prozent), rund 2,1 Millionen Wähler/-innen die AfD (4,7 Prozent) und knapp eine Million Wähler/-innen die Piraten (2,2 Prozent). Weil all diese (und viele andere) Parteien unter der Fünf-Prozent-Hürde blieben, hatten deren Wähler/-innen keinen Einfluss auf die Zusammensetzung des Bundestages. Insgesamt betraf das knapp 16 Prozent der abgegebenen Stimmen.
Welche Rechtsgrundlagen gelten für die Bundestagswahl?
Der Ablauf der Bundestagswahl ist auf verschiedenen Ebenen geregelt.
  1. Grundsätzliche Prinzipien der Bundestagswahl sind imGrundgesetz (GG) festgelegt: Artikel 38 des Grundgesetzes bestimmt die Grundsätze der Wahl (allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim) und Volljährigkeit als Voraussetzung des aktiven und passiven Wahlrechts. Artikel 39 des Grundgesetzes bestimmt die Dauer der Legislaturperiode, nach der der Bundestag neu gewählt werden muss.
    Quelle: Grundgesetz: Der Bundestag (Artikel 38 bis 49)
  2. Genauere Bestimmungen zu Wahlsystem, Wahlrecht und Wahlablauf findet man im Bundeswahlgesetz. Dort ist beispielsweise festgelegt, wie viele Abgeordnete der Bundestag hat und wie die Stimmen bei der Bundestagswahl in Mandate umgerechnet werden (Paragraphen 1 bis 6). Dort ist auch festgelegt, welche Rolle Bundes-, Landes- und Kreiswahlleiter haben (Paragraphen 8 bis 11). Außerdem finden sich hier detaillierte Bestimmungen zum Wahlrecht und ihrem Verlust (Paragraphen 12 bis 15). 
    Bei einer Reform des Bundestags-Wahlrechts (wie zum Beispiel 2013) wird in der Regel das Bundeswahlgesetz verändert. Die Wahlprinzipien im Grundgesetz bleiben dabei unangetastet. 
    Quelle: Bundeswahlgesetz (auf bpb.de)
  3. Viele Regelungen zur praktischen Durchführung der Wahlen finden sich in der Bundeswahlordnung. Dort finden sich u.a. Vorschriften zum Wählerverzeichnis, zu Briefwahlen und zur Ausstattung der Wahllokale. 
    Quelle: Bundeswahlordnung - 
    http://www.bundestagswahl-bw.de/wahlsystem_btw.html 

Lectura 33 - Elecciones 2017 al Bundestag (1)


1. Wie viele Abgeordnete hat der Bundestag?

Der deutsche Bundestag hat mindestens 598 Abgeordnete. Die Hälfte von ihnen wird in den 299 Bundestags-Wahlkreisen mit den Erststimmen der Wähler/-innen direkt gewählt. Die verbleibenden 299 Abgeordneten werden über die Landeslisten der Parteien bestimmt.
Die tatsächliche Zahl der Bundestagssitze steigt durch die Überhangmandate und Ausgleichsmandate weiter an (Hintergrund:Wahlrechtsreform von 2013). Aktuell (März 2017) liegt die Zahl der Bundestagsabgeordneten bei 630. Nach den Bundestagswahlen am 24. September 2017 könnte sie auf mehr als 700 Abgeordnete ansteigen.

2. Was bedeutet das "freie Mandat" der Abgeordneten?

Die Abgeordneten des deutschen Bundestages sind "Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen" - so heißt es in Artikel 38 des Grundgesetzes. Durch diese Vorgabe soll das freie Mandat der Abgeordneten garantiert werden; Abgeordnete sollen davor geschützt werden, dass bestimmte Interessengruppen, die eigene Partei oder Fraktion versucht, ihr Verhalten (beispielsweise bei Abstimmungen) zu beeinflussen.
Die Garantie des "freien Mandats" steht in einem Spannungsverhältnis zur Erfordernis der Fraktionsdisziplin.In der Praxis ist die Arbeit im Bundestag davon geprägt, dass sich die Abgeordneten (in der Regel der gleichen Partei) in Fraktionen zusammenschließen, um gemeinsam ihre Anliegen zu vertreten und Mehrheiten dafür zu organisieren. Dabei ist es durchaus üblich, dass "die Fraktionsführung oder andere Fraktionsmitglieder Druck auf den einzelnen Abgeordneten [ausüben], um ein einheitliches Abstimmungsverhalten aller Fraktionsmitglieder bei Abstimmungen im Plenum des Deutschen Bundestages oder in seinen Ausschüssen zu erreichen" (Quelle: Bundestag).
Wie lässt sich also das freie Mandat mit der Fraktionsdisziplin vereinbaren? Eine Stellungnahme des Bundestages weist darauf hin, dass die Abgeordneten frei sind in ihrer Entscheidung, sich einer Fraktion anzuschließen und sich deren Regeln zu unterwerfen - oder die Fraktion zu verlassen, wenn sie deren Entscheidungen nicht (mehr) mit ihrem Gewissen vereinbaren können. (In der Geschichte des Bundestages gab es immer wieder Fälle von Abgeordneten, die ihre Fraktion verlassen oder gewechselt haben.)
Andererseits handelt es sich bei der Fraktionsdisziplin um keine rechtliche Vorgabe. Abgeordnete dürfen nicht aus ihrer Partei ausgeschlossen werden, weil sie gegen die Abstimmungsvorgabe verstoßen haben. Allerdings ist es durchaus zulässig (und üblich), dass Abgeordnete, die gegen die Fraktionsdisziplin verstoßen, bei den folgenden Wahlen nicht mehr aufgestellt werden.
Wenn im Bundestag über besonders grundlegende oder sensible Fragen abgestimmt wird – sogenannte"Gewissensentscheidungen" –, wird die Fraktionsdisziplin häufig schon im Vorfeld aufgehoben. Das war beispielsweise der Fall, als der Bundestag 2015 über die Sterbehilfe oder 2011 über Gentests an Embryonen abstimmte.

3. Welche Sonderrechte haben Abgeordnete?

Damit Abgeordnete des Bundestages bei der Ausübung des Mandats ihrem freien Gewissen folgen können, räumt ihnen Paragraph 46 des Grundgesetzes bestimmte Sonderrechte ein:
  • die Indemnität (von "indemnitas", lateinisch für Schadlosigkeit) garantiert Abgeordneten das Recht auf freie Rede im Bundestag. Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seines Abstimmungsverhaltens oder wegen Äußerungen im Plenum oder in den Ausschüssen gerichtlich verfolgt werden. Die Indemnität gilt nicht im Falle von verleumderischen Beleidungen oder von Äußerungen außerhalb des Bundestages, beispielsweise gegenüber der Presse.
  • die Immunität schützt Bundestagsabgeordnete vor Strafverfolgung. Die Polizei darf nur dann wegen einer mutmaßlichen Straftat ermitteln oder einen Parlamentarier verhaften, wenn der Bundestag dem zustimmt. Eine Ausnahme gilt dann, wenn ein Parlamentarier "auf frischer Tat" ertappt oder einen Tag nach der Tat festgenommen wird. Das Recht auf Indemnität und Immunität reicht in die Zeit zurück, als Parlamentarier/-innen politisch motivierter Strafverfolgung ausgesetzt waren (bsp. im Dritten Reich).
  • das Zeugnisverweigerungsrecht begründet ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Abgeordneten und bsp. Bürger/-innen aus ihrem Wahlkreis, das juristisch mit dem Verhältnis zwischen Anwalt und Mandant vergleichbar ist. Nach Artikel 47 des Grundgesetzes sind Abgeordnete berechtigt, über bestimmte Personen und Tatsachen das Zeugnis zu verweigern; undzwar dann, wenn ihnen bestimmte Sachverhalte in ihrer Eigenschaft als Abgeordneter anvertraut wurden.

4. Wie viel verdienen Abgeordnete?

In Artikel 48 des Grundgesetzes ist festgelegt, dass Abgeordnete des Bundestages einen Anspruch haben auf eine "angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung". Diese beträgt aktuell9.327 Euro im Monat (Stand: März 2017). Die Abgeordneten müssen auf ihre Bezüge Einkommenssteuer zahlen.
Dass Abgeordnete für ihre Arbeit im Bundestag bezahlt werden, soll sicherstellen, dass nicht nur finanziell abgesicherte Bürger/-innen ein Abgeordnetenmandat übernehmen können. Der Begriff "Diäten" leitet sich vom lateinischen "dies" (der Tag) ab; es handelte sich ursprünglich also um ein Tagegeld.
Den Abgeordneten stehen zusätzlich zur Aufwandsentschädigung weitere Leistungen zu:
  • Aufwandspauschale von 4.318 Euro im Monat: davon müssen Abgeordnete die Kosten für ein Wahlkreisbüro, eine Zweitwohnung in Berlin, Betreuung des Wahlkreises, Bücher, Zeitungen etc. abdecken. Die Aufwandspauschale ist steuerfrei.
  • Reisekosten: wenn ein Abgeordneter in Ausübung seines Mandats reist, dann übernimmt der Bundestag die Reisekosten. Das gilt nicht für private Reisen.
  • Übergangsgeld: Wenn ein Abgeordneter aus dem Bundestag ausscheidet, erhält er ein Überbrückungsgeld. Diese finanzielle Leistung soll die Rückkehr in den früheren Beruf oder einen beruflichen Neuanfang finanziell abfedern. Je länger ein Abgeordneter dem Bundestag angehört hat, umso länger wird auch das Überbrückungsgeld in Höhe der Abgeordnetenentschädigung gezahlt: wenn jemand dem Bundestag eine Legislaturperiode (vier Jahre lang) angehört hat, erhält er vier Monate lang das Überbrückungsgeld in Höhe von aktuell 9.327 Euro monatlich.
  • Altersentschädigung: während der Zeit im Bundestag zahlen Abgeordnete nicht in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Um das zu kompensieren, gibt es für frühere Bundestagsabgeordnete eine Altersentschädigung. Diese wird erst beim Erreichen des Rentenalters ausgezahlt (nicht bereits beim Ausscheiden aus dem Bundestag). Für jedes Jahr, den ein Abgeordneter dem Bundestag angehört hat, gibt es eine Altersentschädigung in Höhe von 2,5 Prozent der Abgeordnetenentschädigung.
    Wenn ein Abgeordneter dem Bundestag also eine Legislaturperiode (vier Jahre) angehört hat, erhält er zehn Prozent der Abgeordnetenentschädigung. Das wären aktuell 933 Euro im Monat.